Woche 5: Mangelhafte Berechnungen

Zu den in der ersten Woche des Baustopp-Kalenders beschriebenen mangelhaften Planungen kommen mangelhafte Berechnungen. Manche der Vorwürfe sind nicht neu, werden solange wiederholt werden, bis die Berechnungen aktualisiert sind - also solange, bis die DEGES ihrer Pflicht nachkommt, für Ersatzaufforstungen zu sorgen, die Regenrückhaltebecken nach den aktuellen Daten dimensioniert sind (vgl. das Foto vom Becken an der Gleentalbrücke, dass bereits ohne Autobahn randvoll ist) und die Grundwasserfließrichtung und die Verbindungen der Grundwasserstockwerke im WASAG-Gelände untersucht wurden. Alles andere ist nicht hinnehmbar. Daneben sind in diesem Jahr weitere mangelhafte Berechnungen offenbar geworden. Und in einer mündlichen Verhandlung wurde zugegeben, dass neue Messungen zeigen, dass die ahu mit ihrem Gutachten, dass der Autobahnbau mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie vereinbar ist, wohl doch nicht zutreffend ist!

29.2.24 Zusätzliche Rodungsflächen

Nach dem hessischen Waldgesetz §12, 3 sind Rodungsgenehmigungen zu versagen, wenn die Erhaltung des Waldes im öffentlichen Interesse liegt. Trotz des besonderen Wertes des Dannenröder Forstes wurde die Genehmigung aber nicht versagt. Das angebliche öffentliche Interesse an der Autobahn wurde höher bewertet. In §12,5 heißt es: "Soweit nachteilige Wirkungen einer Waldumwandlung nicht durch Ersatzaufforstungen ausgeglichen werden können, ist eine Walderhaltungsabgabe zu entrichten, deren Höhe nach der Schwere der Beeinträchtigung, dem Wert oder dem Vorteil für den Verursacher sowie nach der wirtschaftlichen Zumutbarkeit zu bemessen ist. Die Abgabe ist zur Erhaltung des Waldes zu verwenden." Auf Seite 415 des Planfeststellungsbeschlusses heißt es, dem dauerhaften Verlust von 57,88 ha Wald stünden 57,17 ha Wald gegenüber.  Trotz der Differenz von 0,61 ha Wald heißt es auf Seite 561des Planfeststellungsbeschlusses "die mit dem Vorhaben notwendig werdenden Rodungen von Wald" würden "durch entsprechende Waldneuanlagen kompensiert". Nun war allerdings im Planfeststellungsbeschluss die Rodung von weiteren 4 Hektar Wald vorgesehen, die bei der Berechnung "vergessen" worden waren. Für diese ist weder eine Neuanlage noch eine Walderhaltungsabgabe vorgesehen - ebensowenig wie für die weiteren nicht planfestgestellten Rodungen, u. a. für eine Planänderung am Schmitthof. 

1.3.24 Verwendung von alten Starkregendaten

Wegen der Lage im Wasserschutzgebiet, muss das Niederschlagswasser der Autobahn gesammelt und gedrosselt in die umliegenden Flüsse eingeleitet werden.  Starkregen erschwert laut den Protokollen schon jetzt die Trockenhaltung der Baugruben und lässt ganze Waldgebiete unter Wasser stehen. Dennoch basiert die Berechnung von elf der zwölf Regenrückhaltebecken  auf alten Starkregenkarten von 2010 statt auf den neuen von 2020. (Foto: Überschwemmung an der Einleitestelle der Fernableitung an der Todenmühle)

2.3.24 Mangelhafte Untersuchungen zur Grundwasserfließrichtung

In dieser Messstelle  ca. 200 Meter südöstlich des Sanierungsgeländes wurde nach dem Beginn der Sanierungsarbeiten im Sommer 2019 erstmals Hexogen nachgewiesen (in Höhe des erlaubten Wertes), obwohl eine Hauptgrundwasser-fließrichtung nach Südwesten angenommen wird. Im Frühjahr 2023 wurde der erlaubte Wert sogar um das 9fache überschritten. Es gibt keine andere Erklärung für diesen Anstieg als dass das Grundwasser im WASAG-Gelände wohl doch nicht (ausschließlich) nach Südwesten abfließt. Damit kann auch das auf dieser Basis installierte Grundwassermonitoring nicht hinreichend sein.

3.3.24 "Einfache Berechnung" ohne Erfüllung der Voraussetzungen

Das neu geplante Becken an der Anschlussstelle in Niederklein wurde nicht nach den Starkregendatensätzen von KOSTRA berechnet, sondern nach der sogenannten "einfachen" Berechnung. Diese ist nach den Vorschriften aber nur bei bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Die liegen hier nicht vor. Damit müsste das Becken um ein Vielfaches größer dimensioniert werden, wenn es wirklich nur alle 100 Jahre überlaufen soll.

4.3.24 Neue "Entwässerungsmulde" Homberg

Gemäß den Planfeststellungsunterlagen dürfen an der Anschlussstelle Homberg  bis zu 26 l/s in das nahegelegene Flüsschen (Gewässer 3. Ordnung) eingeleitet werden. Rechnerisch ermittelt wurden allerdings anfallende Regenmengen in mehrfachem Umfang. Um diese auf die erlaubte Menge zu reduzieren, wurde ein "Entwässerungsmulde" gebaut (ohne die Planfeststellungsbehörde in Kenntnis zu setzen). Ob dieses die Regenmengen ausreichend reduzieren kann, daran gibt es berechtigte Zweifel. (Foto: Christian Endres)

5.3.24 Änderung der Einzugsgebiete

Laut den Plänen wurden die Einzugsgebiete der Regenrückhaltebecken geändert. Ob dies auf falschen Berechnungen oder neuen Überlegungen basiert, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen. In jedem Fall ist die Größe und der Inhalt der Regenrückhaltebecken im Planfeststellungsbeschluss fest geschrieben. Auch hier sind also Planänderungen notwendig. Aufgrund der Erfahrung mit den Planänderungen am Schmitthof, am Kreisel in Niederklein und an der "Geländemulde" in Homberg muss man davon ausgehen, dass diese Änderungen ohne Antragsstellung umgesetzt werden. (Foto: unzureichende Reinigung an der Grünbrücke am Schmitthof)

6.3.24 Neue Messungen werden fortgeführt

Die Berechnungen im ahu Gutachten zur Wasserrahmenrichtlinie basieren auf alten Werten oder auf Werten von einer 20 km entfernten Messstellen (siehe S. 27 des Dokuments). Dabei sind nach §10 OGewV repräsentative Messstellen erforderlich. Trotz vielfacher Beschwerden ordnete Tarek Al-Wazir erst im Dezember 2022 eine Neuberechnung an. Bereits ein knappes Jahr vorher war mit einer ersten einjährlichen Messreihe begonnen worden. Offenkundig war man mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Daher wurde eine zweite durchgeführt. Aber auch nach dieser scheint das Ergebnis nicht in Ordnung gewesen zu sein und wurde daher um ein weiteres halbes Jahr verlängert. Wie kann das wohl gelingen, dass sich bei einer Fortsetzung der Messungen die Werte verbessern - vor allem in Anbetracht der ganzen potentiell mit Schadstoffen behafteten Sedimente? (Foto: Einleitung von angeblich gereinigtem Wasser nahe der Gleentalbrücke in die Gleen, 1.9.23)